Dossier: Gewalt

Eine Person im Rollstuhl fasst an den Griff einer Tür. Diese ist einen Spalt geöffnet und dahinter steht eine Person.
Behinderte Menschen sind häufiger von Gewalt betroffen - auch im privaten Umfeld. Foto; Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de
Lesezeit ca. 2 Minuten

Menschen mit Behinderungen erleben täglich Diskriminierung, Ausgrenzung – und Gewalt. Oft geschieht sie im Verborgenen, häufig wird sie nicht ernst genommen. Unser Dossier beleuchtet dieses Thema in all seinen Facetten: mit Artikeln, persönlichen Kolumnen und Podcast-Gesprächen.

Triggerwarnung

In diesem Dossier geht es explizit um Gewalt und Gewalterfahrung von und an behinderten Menschen.

Am 28. April 2021 wurden im Oberlinhaus in Potsdam vier Bewohner*innen mit Behinderung – Martina W., Christian S., Lucille H. und Andreas K. – von einer Mitarbeiterin der Einrichtung getötet. Eine weitere Person wurde schwer verletzt. 

Die mediale Berichterstattung nach den Taten machte die Opfer unsichtbar. Stattdessen standen Perspektiven von Pfarrer, Pflegepersonal und Angehörigen im Fokus. Es wurde viel über die Täterin geredet. Thematisiert wurde der Pflegenotstand und die Überlastung. Ein Polizei-Psychologe lieferte sogar die Theorie, dass die Ermordung erfolgte, um behinderte Menschen von ihrem Leid zu erlösen. 

Dieses Narrativ ist ebenso ableistisch wie fahrlässig und gefährlich. Menschen mit Behinderungen selbst, die vielleicht auch Gewalt erlebt haben könnten, wurden nicht gefragt. Sie wurden unsichtbar gemacht.

Das Projekt #AbleismusTötet zeigt klar: Die Morde im Oberlinhaus sind kein Einzelfall. Vollstationäre Einrichtungen bergen strukturelle Risiken für Gewalt – durch fehlende Selbstbestimmung, durch Isolation und durch eine Kultur des Wegschauens.

Ableismus ist nicht nur offene Feindlichkeit. Ableismus bedeutet auch strukturelle Abwertung: Das Denken, dass behinderte Leben „weniger wert” seien. Das automatische Mitleid. Das Schweigen, wenn Schutzräume zu Gefahrenräumen werden.

6 Fragen an #AbleismusTötet

Ein Jahr nach dem Vierfach-Mord im Potsdamer Oberlinhaus hat sich wenig an der strukturellen Gewalt gegen behinderte Menschen geändert. Das hat das Rechercheprojekt #AbleismusTötet vom Ability Watch e.V. herausgefunden. Im Interview blickt Karina Sturm, Journalistin des Projektes, auf die vergangenen Recherchen zurück.

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Eine Frau legt an einer Gedenkstätte Blumen nieder

Vier Menschen sind tot, der Ableismus lebt

In Potsdam sind fünf Menschen mit Behinderung Opfer einer Tötungsserie in einer sogenannten Behinderteneinrichtung geworden – vier von ihnen starben. Während die Hintergründe der Tat noch untersucht werden müssen, stellt sich Raúl Krauthausen nicht erst seit heute Fragen zu strukturellen Problemen dieser Wohnformen und wie viel Ableismus in ihnen steckt.

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Lisa Kräher von Übermedien ordnete in ihrem Artikel “Der gefährliche Versuch, Gewalt gegen Menschen mit Behinderung nachvollziehbar zu machen” die Berichterstattung über den Vierfach-Mord im Oberlinhaus ein.

Raúl Krauthausen schrieb anlässlich des ersten Jahrestages für die taz den Beitrag „Die Morde sind kein Einzelfall“.

Weitere Beiträge zum Thema Gewalt:

Eine Person läuft in einem Stadion auf der roten Laufbahn.

Nein zur Gewalt

Gewalt im Sport ist keine Seltenheit, auch nicht im Gehörlosensport. Dennoch ist das Thema noch ein Tabu. In einem Versuch, dieses zu brechen, sprach Melissa Wessel von der Deutschen Gehörlosenzeitung mit Betroffenen sowie Verantwortlichen.

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Raul Krauthausen sitzt in einem Elektrorollstuhl und schaut in die Kamera.

Über subtile Gewalt

Wer begleitet einen auf die Toilette? Wann muss ich ins Bett gehen? Raúl Krauthausen war schon einmal fünf Tage undercover in einem Behindertenwohnheim und hat dort subtile Gewalt erlebt.

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Der Schatten eines Rolstuhls ist in einem Zimmer an einer weißen Tür zu sehen.

Frauen mit Behinderung sind häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen – das können wir dagegen tun

Die einen nennen den 8. März den Internationalen Frauentag und gratulieren. Die anderen bezeichnen ihn als feministischen Kampftag und zeigen auf, wie viel in Sachen Gleichberechtigung noch zu tun ist. Frauen mit Behinderung werden in diesen Debatten noch zu selten mitgedacht. Tanja Kollodzieyski von der Initiative Mädchen sicher inklusiv erklärt im Interview, warum behinderte Frauen häufiger von sexualisierter Gewalt betroffen sind und welche präventiven Maßnahmen ergriffen werden können.

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Podcasts zu dem Thema: 

Eine erhobene Faust vor einer Person die im Rollstuhl sitzt und schützend die Hände vor das Gesicht hält.

#53 Gewalt

Die Morde im Oberlinhaus in Potsdam, der rechtsradikale Anschlag auf eine Einrichtung in Mönchengladbach, zahlreiche Missbrauchsfälle. In dieser Folge unseres Bayern 2 Podcasts sprechen wir über Gewalt. Wir fragen uns, ob die Gewalttaten an Menschen mit Behinderungen alle nur Einzelfälle sind, was die Zeit des Nationalsozialismus mit den heutigen Gewaltfällen zu tun hat und wie wir Menschen mit Behinderung besser vor Gewalt schützen können.

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Karina Sturm und Anne Gersdorff sitzen hinter einem Tisch und schauen in die Kamera. Auf dem Tisch aufgestellt sind zwei Exemplare ihres Buches "Stoppt Ableismus".

#47 Ableismus

Ableismus – was bedeutet das eigentlich? Was sind wiederkehrende Muster, wie macht sich Ableismus im Alltag bemerkbar und noch viel wichtiger: Wie lässt sich Ableismus stoppen? Darüber sprechen wir in dieser Episode unseres Bayern 2 Podcasts. Zu Gast ist Anne Gersdorff, die mit Karina Sturm das Buch „Stoppt Ableismus“ geschrieben hat.

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Durch die Lamellen einer Gardine scheint Sonnenlicht in ein leeres Zimmer.

#16 Behindertenwohnheime

Nachdem vier Bewohner*innen in einem Pflegeheim in Potsdam getötet wurden, ist der mediale Aufschrei verklungen. Wir beleuchten in unserem Bayern 2-Podcast, wie über die Tat berichtet wurde. Außerdem stellen wir uns die Frage, welche strukturellen Probleme in solchen Einrichtungen herrschen und welche alternativen Wohnformen es gibt.

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Kolumnen über Gewalterfahrung:

Das Logo von die neue Norm auf orangem Grund. Rechts davon steht: Die Neue Kolumne. Unten steht: Von Malte Sandbach.

Als Überlebender sexualisierter Gewalt

“Während uns Behinderten von der Mehrheitsgesellschaft oft unsere Sexualität abgesprochen wird, überleben viele von uns sexualisierte Gewalt oder gehen daran zugrunde”, schreibt Malte Sandbach in seiner Kolumne. Als Überlebender sexualisierter Gewalt zieht er Parallelen zu weiteren Formen von Missbrauch, Grenzüberschreitung, Ableismus und problematischen Stereotypen.

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Das Logo von Die Neue Norm auf hellbraunem Grund. Rechts davon steht: Die Neue Kolumne. Unten steht: Von Patricia Koller.

Seelische Gewalt

Respektlosigkeit, Demütigung und Entmündigung: In ihrer Kolumne beschreibt Patricia Koller den Existenzkampf von Menschen mit Behinderung gegen ihre Pflegedienstleister.

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Die Neue Norm Newsletter

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