Wie mir die Achtsamkeit beim Umgang mit ableistischer Diskriminierung hilft

Das Logo von die neue Norm auf lila Grund. Rechts davon steht: Die Neue Kolumne. Unten steht: Von Mechthild Kreuser.
Lesezeit ca. 2 Minuten

Als behinderte Frau, die außerhalb der Wohnung einen Rollstuhl nutzt, treten in meinem Alltag immer wieder Situationen auf, von denen ich richtig genervt bin. Eine Situation, an die ich mich noch gut erinnern kann, war, dass im Winter der Aufzug bei meinem Hausarzt nicht funktionierte und ich die Corona-Impfung im Eingangsbereich des Ärztehauses bekommen musste. Mir war jahrelang nicht klar, dass dies eine Art der ableistischen Diskriminierung ist. Mittlerweile weiß ich es. Früher wäre ich in dieser Situation wütend geworden und hätte wahrscheinlich auch die Mitarbeiterin angemeckert, warum der Aufzug jetzt kaputt ist. Aber wäre dieses Verhalten in dieser Situation hilfreich? Statt mich darüber aufzuregen, versuche ich in solchen Situationen, mein Verhalten achtsam wahrzunehmen.

Was bedeutet das? 

Achtsamkeit bedeutet erstmal nur wahrzunehmen, was in diesem gegenwärtigen Moment da ist und passiert, ohne darüber zu urteilen oder direkt etwas verändern zu wollen. Diese Art der Wahrnehmung kann man zum Beispiel in einer Meditation üben. Ich habe hier mal einige Punkte aufgeführt, was Achtsamkeit ist und was nicht.

Bei der Achtsamkeit geht es nicht darum, nur noch bestimmte Sachen wahrzunehmen und anderes komplett wegzudrücken. Oder nicht mehr über das eigene Verhalten zu reflektieren. Nicht darum, keine Gedanken mehr zu haben, mich nur noch mit mir selbst zu beschäftigen oder dass mir alles egal ist, was in der Welt um mich herum passiert.

Es geht vielmehr darum, bewusst im Augenblick zu sein, bewusster die eigene Reaktion auf bestimmte Auslöser wahrzunehmen. Darum, einen Moment innehalten zu können zwischen diesem Auslöser und der eigenen Reaktion.

Wie reagiere ich also in dieser Situation? Wie verhalte ich mich gegenüber den anderen Personen, die an einer Situation beteiligt sind?

Die Achtsamkeit gibt mir, während ich eine ableistische Diskriminierung erfahre, die Möglichkeit, meine möglichen Reaktionen vorher bewusst wahrzunehmen und wenn möglich (und sinnvoll) anzupassen. Ich kann sehen: “Ah, ich bin gerade wütend, dass der Aufzug nicht funktioniert”. Und trotzdem kann ich mich bewusst dazu entscheiden, diese Wut nicht direkt an der Praxis-Mitarbeiterin auszulassen.

Statt mich auf die Diskriminierung zu fokussieren und meine Wut darüber an der nächsten Person auszulassen, entscheide ich mich in diesem Moment bewusst dazu, das Gute wahrzunehmen: Ich konnte meine Impfung doch noch bekommen. Auch wenn ich mir natürlich gewünscht hätte, dass ich dabei einfach wie alle anderen Patient*innen in der Praxis hätte sein können. 

Dies ist mir gelungen, indem ich einige bewusste Atemzüge nehmen und mich dann darauf fokussieren konnte, dass die Mitarbeiterin sehr freundlich war und alles getan hat, damit ich nicht an einem anderen Tag wiederkommen musste. 

Natürlich ist es nicht immer möglich, achtsam zu sein. Es gibt Situationen, in denen wir schnell reagieren müssen oder in denen bereits vorher so viel anderes passiert ist, dass wir vielleicht keine Kapazität mehr haben, erst ruhig über unsere Reaktion nachzudenken. Dann kann uns die Achtsamkeit hinterher helfen, uns bewusst anzuschauen, warum wir so reagiert haben und dies für uns anzunehmen.

Das waren starke Zeilen? Dann gerne teilen!

Eine Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert