Über das Helfen

Das Logo von die neue Norm auf orangem Grund. Rechts davon steht: Die Neue Kolumne. Unten steht: Von Leon Amelung.
Lesezeit ca. 2 Minuten

Es ist Samstagmorgen. Ich bin beim Bäcker, um Brot für das Frühstück und das Wochenende einzukaufen. Ich sitze in meinem Rollstuhl vor dem Tresen, auf dem mein Einkauf fertig verpackt liegt. Ich bin noch etwas müde, deswegen irritiert mich die Frage der Verkäuferin im ersten Moment: “Haben Sie einen Kofferraum an ihrem Rollstuhl?” “Nein”, entgegnete ich, “aber ich habe eine Tasche hinten an meinem Rollstuhl.” “Warten Sie, ich komme rum und packe Ihnen Einkauf rein.” Ich sage ihr, dass das nicht nötig ist und ich die Einkaufstüten alleine in meine Tasche packen werde. 

Plötzlich merke ich, wie ein Mann, der hinter mir steht, den Klettverschluss meiner Tasche öffnen möchte. Ich schaue über meine Schulter und frage ihn, was er da macht. Er sagt mir, dass er mein Brot in meine Tasche packen möchte. “Ich habe doch gesagt, dass ich das alleine mache.” Ich bin ziemlich genervt. Er danach auch. Gereizt legt er das Brot wieder auf den Tresen zurück. “Na gut, wenn Sie das alleine können, dann machen Sie das alleine.” Er wirkt beleidigt. Ich packe schnell meine Sachen zusammen, fahre Richtung Ausgang und mache mich auf den Weg nach Hause. 

Solche Situationen nerven mich. Es war nicht das erste Mal, dass Menschen ohne Behinderung mir geholfen haben, ohne dass ich sie darum gebeten habe. Ich würde nicht sagen, dass solche Situation in meinem Alltag täglich vorkommen, aber sie kommen dennoch häufiger vor. Anscheinend verstand der Mann nicht, warum ich seine Hilfe verweigerte.

Ich habe generell nichts dagegen, wenn mir jemand im Alltag hilft. Ich finde das völlig in Ordnung, aber ich möchte vorher gefragt werden, ob ich die Hilfe überhaupt brauche und die Chance bekommen, das Angebot abzulehnen. Ich kann es nicht leiden, wenn Menschen mir einfach ungefragt helfen und mich, meinen Rollstuhl oder meine Tasche anfassen. Wenn der Mann mich vorher gefragt hätte, ob er meinen Einkauf in meine Tasche packen soll, wäre das für mich in Ordnung gewesen. Dann hätte ich ihm gesagt: “Nein, aber danke, dass Sie fragen.” Wenn mir jemand ungefragt hilft, fühle ich mich bevormundet. Dazu kommt natürlich, dass ich mich erschrocken habe und gleichzeitig misstrauisch war, denn es hätte auch sein können, dass der Mann versucht, mir etwas aus meiner Tasche zu stehlen.

Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Leute regelrecht in Hektik ausbrechen und denken: “Oh, da ist ein Mensch mit Behinderung, dem muss ich jetzt unbedingt helfen!” Besonders fällt mir das bei Menschen auf, die mir ihre Hilfe regelrecht aufdrängen. Wenn ich Ihnen sage, dass ich keine Hilfe brauche, dann kriege ich meistens Antworten zu hören wie: “Aber ich helfe Ihnen wirklich gerne, das ist kein Problem für mich.” Dann lassen sie nicht locker, bis ich ihre Hilfe annehme.

Diesen Leuten möchte ich sagen: Bietet Menschen mit Behinderungen höflich eure Hilfe an, aber seid nicht beleidigt, wenn euer Angebot abgelehnt wird und akzeptiert das dann bitte auch.

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3 Antworten

  1. Lieber Leon,

    du hast es auf den Punkt gebracht, indem du deutlich deine Gedanken, Gefühle und Überlegungen teilst. Danke dafür. Es zeigt noch einmal, wie wichtig es ist, zuzuhören und den Willen anderer zu respektieren und zu akzeptieren.

  2. Ich glaube die Leute können nicht richtig zuhören , denn der Mann hat ja wohl von Ihrer Antwort gehört, die Sie der Bäckersfrau gegeben haben. Aber ich finde das auch übergriffig, dass er gleich Ihre Tasche geöffnet hat ohne sie zu fragen. I
    Heute morgen beim Bäcker habe ich auch einem Mann mit Rollator Hilfe angeboten: Er hatte sich eine Tasse Kaffee geholt und wollte sich damit hinsetzen. Ich habe ihn höflich gefragt, ob ich ihm die Tasse rüber – also von der Theke auf den Tisch stellen soll- aber er hat dankend abgelehnt, was ich dann auch akzeptiert habe.

  3. Als blinde Frau erlebe ich es immer wieder, das Menschen mich beim Einseigen in eine Bahn oder Bus anfassen und reinhelfen wollen. Mich erschreckt das eher als das es mir hilft. Abgesehen davon finde ich das respektlos fremde Menschen ungefragt anzufassen und ihnen Hilfe aufzudrängen.

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