Pränataldiagnostik – Transkript

Lesezeit ca. 34 Minuten

Die Neue Norm: Eine Sehbehinderung, ein Rollstuhl, eine chronische Erkrankung. Oder: drei Journalist*innen. Jonas Karpa, Raul Krauthausen und Karina Sturm sprechen über Behinderung, Inklusion und Gesellschaft.

Folge 49: „Pränataldiagnostik“

Jonas Karpa:

Karina und Raúl, würdet ihr wissen wollen, ob eure Kinder dieselbe Behinderung haben, wie ihr?

Karina Sturm: 

Also ich schon an, weil frühzeitiges Wissen langfristig Schäden vermeiden könnte.

Raúl Krauthausen: 

Ich glaube, ich würde es nicht wissen wollen, weil die Wahrscheinlichkeit, dass es die gleiche Behinderung hat wie ich, gegeben wäre. Und da ich weiß, dass man damit leben kann, werde ich es rechtzeitig erfahren.

Jonas:

Herzlich willkommen zu „Die Neue Norm“, dem Podcast. Nur 3,3 Prozent aller Menschen, die eine Behinderung haben, haben ihre Behinderung seit der Geburt. Diese Zahl wird auch stetig weniger, weil die Pränataldiagnostik immer besser wird. Heute sprechen wir über Pränataldiagnostik und stellen uns die Frage, ob es irgendwann nur noch Norm-Kinder gibt, ob Kinder mit Behinderungen, Menschen mit Behinderung, irgendwann aussterben werden und was das Ganze mit unserer Gesellschaft macht. Darüber sprechen wir mit Karina Sturm und Raúl Krauthausen. 

Karina:

Hallo!

Raúl:

Hi.

Jonas:

Mein Name ist Jonas Karpa. Und da wir alle drei, so viel kann man sagen, keine Kinder haben, haben wir uns für diese Podcast-Folge eine Expertin in eigener Sache dazu geholt, nämlich Lisa. Sie ist Mama von zwei Kindern, nämlich Frieda, die fünf Jahre alt ist und mit einer Behinderung geboren wurde, und Alois, er ist zwei Jahre alt und hat keine Behinderung. Hallo! 

Lisa: 

Hallo zusammen. 

Jonas: 

Schön, dass du mit dabei bist und dich hier quasi wirklich als Expertin zu diesem Thema einbringen kannst. Raúl und Karina, ihr seid ja euch nicht ganz einig gewesen, ob ihr wissen wollen würdet, ob euer Kind die gleiche Behinderung hat wie ihr. Ist es eine Thematik, die trotzdem euch im Kopf herumschwirrt, weil ihr selber betroffen seid?

Karina:

Also, ich habe mich, glaube ich, relativ früh dazu entschieden, keine Kinder zu haben, weil A) ich nicht wüsste, ob ich’s managen könnte, ein krankes Kind zu haben und meine eigene Krankheit, weil ich selber so wenig Energie habe. Aber wenn ich einen Kinderwunsch hätte oder schwanger werden würde, würde ich durchaus gern wissen wollen, ob mein Kind dieselbe Erkrankung hat, einfach weil ich viele Dinge in meiner Kindheit und Jugend gemacht habt, die eigentlich sehr, sehr schädlich waren und dadurch sich meine Krankheit auch deutlich verschlechtert hat. Und das hätte theoretisch vermieden werden können.

Jonas: 

Schädlich?

Karina:

Ja, stellt sich raus am Skatepark in der Halfpipe fahren und dabei mehrfach auf den Hinterkopf zu fallen ist nicht so gut – wahrscheinlich auch für nicht chronisch kranke Menschen – würde ich denken.

Raúl:

Das heißt, was hättest du anders machen können, wenn man das vorher gewusst hätte?

Karina:

Man hätte zumindest die Kontaktsportarten meiden können und die Dinge, die wirklich richtig schädlich sind. Auf der anderen Seite steht natürlich auch immer: will man ein Kind wirklich einschränken in sportlichen Aktivitäten und im Alltag, um mögliche Folgeschäden zu vermeiden?

Raúl:

Bereust du es, dass du als Kind in der Halfpipe warst?

Karina:

Also in retrospect? Ja. Damals nicht; damals fand ich es offensichtlich sehr geil. Heute würde ich mir schon die eine oder andere Komplikation weniger wünschen, die da als Folge aufgetreten ist.

Jonas: 

Raúl, welche Gedanken hast du dir zu dem Thema gemacht? Also ist das, wie du am Anfang gesagt hast, weil es nicht vererbbar in dem Sinne ist, für dich auch nicht relevant, dass du quasi dann beim Thema Behinderung “nur auf dich schaust”?

Raúl:

Ja, also, ich habe mir öfter schon diese Frage gestellt. Und das ist sicherlich jetzt auch vom hohen Ross gesprochen, weil ich gerade nicht in der Situation stecke. Aber ich glaube, ich würde es wirklich nicht wissen wollen. Ich würde die nötigsten Untersuchungen machen, die man so macht, was jetzt aber zum Beispiel den Nackenfaltentest oder die Fruchtwasseruntersuchung nicht beinhaltet, sondern einfach diese Standardtests mit Ultraschall und so, die einfach sicherstellen, dass das Kind irgendwie, soweit es geht, gesund ist und im Bauch ausgetragen werden kann. Aber wenn ich jetzt genauer, spezifischer gehen würde, zu gucken, hat das Kind auch Glasknochen, oder hat es vielleicht eine Nackenfalte, dann würde ich da glaube ich eher Abstand davon nehmen, einfach auch, weil ich viele Menschen kenne mit Behinderungen und Eltern, die behinderte Kinder haben, und sehe tagtäglich, dass die auch ein schönes Leben haben und ein schönes Leben führen, und vielleicht, oder hoffe ich, ich dann die Stärke habe, gegen diese Ängste auch anzustehen und auch anzukämpfen und nicht irgendwie einem Bild, einer Gesellschaft hinterherzuhecheln, das behinderte Kinder am liebsten nicht hätte. 

Jonas:

Lisa, wie war es bei dir? Wie gesagt, Frieda, deine Tochter, die fünf Jahre alt ist, wusstet ihr vor der Geburt, dass sie eine Behinderung haben wird und was für Auswirkungen hat das gehabt auf eure Familienplanung?

Lisa:

Wir wussten vor der zwölften Woche, dass Frieda eine Behinderung haben würde. Es kam bei einem normalen Vorsorgeultraschall raus tatsächlich, beziehungsweise die ersten Auffälligkeiten waren da. Dann hat uns die Frauenärztin gefragt, ob wir denn weitere Tests haben wollen würden und wie wir dazu stehen. Und sie hat mir im Nachhinein gesagt, sie hat schon überlegt, soll sie es uns überhaupt sagen, weil wir eben geantwortet haben, eine Behinderung ist für uns kein Problem. Dann hat sie uns aber trotzdem erzählt, dass sie eben eine verdickte Nackenfalte selbst schon am normalen Ultraschall gesehen hat – das kann man bei gutem Ultraschallgeräten ganz leicht erkennen eigentlich – und hat uns dann weiter überwiesen, weil wir dann auch gesagt haben, okay, wir würden es gerne wissen, wenn was ist. Zu dem Zeitpunkt haben wir dann auch gesagt, okay, ein behindertes Kind… es kommt drauf an, was es ist, aber grundsätzlich – ja, ich finde es immer schwierig, Behinderungen in Grade einzuteilen, aber ein leichter Grad ist für uns kein Problem. Aber Trisomie 13 oder 18, wo einfach die Lebenswahrscheinlichkeit nicht so hoch ist, würden wir wahrscheinlich abtreiben – und dann kam auch heraus, dass sie eine große Omphalozele hat, das heißt, Magen, Darm und Leber lagen außerhalb, in der Nabelschnur quasi. Das war so ein Ball, so kann man sich das vorstellen, der war größer als der Kopf, und es kam dann eben bei diesem feinen Ultraschall raus. Und diese Art der Fehlbildung geht oft mit Trisomie 13 und 18 einher. Also haben wir gesagt, wir machen eine Chorionzottenbiopsie, also eine Untersuchung der Plazenta, wo man dann eben diese genetischen Sachen eindeutig feststellen kann. Und dann kam raus, das Kind hat es nicht. Und dann haben wir gesagt, führen wir die Schwangerschaft weiter, und da bin ich auch sehr froh, dass mein Mann der gleichen Meinung war.

Jonas:

Aber das ist natürlich auch ein Thema, wo man sich vielleicht erst mal auch selber fragt, schaffen wir das irgendwie, das gemeinsam umzusetzen. Hattet ihr schon sofort die, ja, ich sage mal, Herausforderungen im Kopf, die Gedanken, dass es bei euch als werdende Eltern dann größere Herausforderungen gibt im Sinne von vermehrten Arztbesuchen? Oder denkt man auch schon weiter im Sinne von: wie wird es dann mein Kind mit Behinderung irgendwann mal in der Gesellschaft haben?

Lisa: 

Also im ersten Moment nicht. Also ich bin eh so der Typ: Mai, ich kann es jetzt nicht ändern, kriegen wir schon irgendwie hin. Und ich mache es einfach. Ich habe mich sehr, sehr viel informiert, weil Wissen Macht ist und mir einfach sehr viel Sicherheit gibt, was für Optionen auf uns zukommen können. Ich meine, das ist eine Behinderung oder eine Fehlbildung, die kann von zwei Wochen Krankenhausaufenthalt bis hin zu einer schweren Behinderung einfach alles sein. Und so wusste ich halt schon mal, was könnte auf mich zukommen und das hat mir dann sehr geholfen. Aber wirklich vorstellen kann man sich es glaube ich nicht. Also, man kann sich ein Bild zeichnen, je mehr man sich informiert, je mehr man in den Austausch geht mit betroffenen Eltern, der war wichtig, um eben sich so ein bisschen etwas vorstellen zu können. Aber schlussendlich ist das, glaube ich, eine Sache, da wächst man immer mehr rein und vor allem eben ab dem Tag der Geburt.

Jonas:

Es ist natürlich so, wie du gesagt hast, natürlich macht man sich bestimmt Gedanken, je nachdem, was es für eine Art der Behinderung ist. Und Behinderung ist ja ein wahnsinnig vielfältiges Feld. Das haben wir in fast 50 Podcast-Folgen auch schon immer wieder gemerkt, dass es eben nicht so dieses plakative „Okay, Person sitzt im Rollstuhl, und ich weiß, dass sie irgendwie nicht laufen kann, oder sie kann nicht sehen“, sondern es ist eben ein unfassbar weites Feld, dass man das natürlich irgendwie ein bisschen kategorisiert und sagt okay, wie schwer ist auch dann vielleicht der Grad der Behinderung oder der Beeinträchtigung. Karina, hast du diese Gedanken auch für dich auch im Rahmen deiner chronischen Erkrankung?

Karina: 

Ja, klar. Also, ich muss auch dazu sagen, das Thema Kinderwunsch ist für mich immer noch relativ schwierig. Einfach auch, weil ich mich, glaube ich, nicht gegen Kinder entschieden habe aus voller Überzeugung, sondern einfach eher aus irgendwie „Schaffe ich das denn? Meine Umstände, erlauben die das?“ Finanziell wäre es schwierig, es wäre superschwierig körperlich und energiemäßig. Und was wäre denn, wenn dieses Kind vielleicht schwerer betroffen wäre von meiner Krankheit als ich? Könnte ich das überhaupt managen? Was wird es auch mit meiner Gesundheit machen? Offensichtlich, wenn ich ein Kind hätte, wäre dieses Kind Priorität, was heißen wird, es würde immer an erster Stelle stehen. Hätte ich dann überhaupt noch die Energie, irgendwas gesundheitlich für mich zu machen? Und das sind alles irgendwie Überlegungen, die man logisch für sich, so auf einer Art Pro-Contra-Liste abhandelt. Aber die sind weit weg von dem emotionalen, dass man vielleicht früher trotzdem immer einen Kinderwunsch hatte und dass sich das alles halt plötzlich verändert hat nach der Diagnose. Deswegen klar, wenn ich mir dann denk, okay, du könntest ein nicht behindertes Kind auf die Welt bringen. Und dann? Vielleicht könnte ich das dann? Oder du könntest aber auch ein Kind haben, das sehr, sehr schwer betroffen ist und mich vielleicht an meine körperlichen Grenzen bringen wird. Aber wie würde ich das dann von mir selber rechtfertigen, wenn ich mich nicht richtig kümmern könnte? Man weiß es halt vorher nie. 

Raúl: 

Aber da ist es doch so – wenn ich dich richtig verstehe – wenn man zu einem Beratungsgespräch geht von Profamilia oder so, dass man dann auch Kontakt bekommt zu Familien, die vielleicht ein Kind mit Behinderung haben, wo man dann auch gleich sehen kann, wie ein Leben mit einem Kind mit Behinderung aussehen kann, vielleicht sogar auch aufgeklärt werden könnte über Rechte von Elternassistenz und Co, dass man auch nicht ganz alleine da steht. Oder habt ihr da das Gefühl oder hast du da das Gefühl, Lisa, dass es da zu wenig Aufklärung und Informationen gab?

Lisa: 

Also muss ich schon sagen, gerade für Krankheiten oder Behinderungen, die nicht so häufig vorkommen, also zu dem Thema Omphalozele findet man erst mal wenig. Und da auch an so offizielle Beratungsstellen zu gelangen, bin ich jetzt auf meiner Suche erstmal nicht, weil für mich war ja auch nicht die Fragestellung im Raum „Treibe ich ab oder treibe ich nicht ab?“, sondern erst mal eben die Vernetzung mit anderen Eltern oder eben auch „Wie kann das Leben mit Behinderung aussehen?“ Und da bin ich dann – und das ist meiner Meinung nach ein unterschätzter Kanal – auf Facebook, weil sich ganz viele Selbsthilfegruppen von eben sehr seltenen Erkrankungen dort abspielen. Und da gab es dann eine Gruppe mit damals 120 Mitgliedern nur, entweder Eltern von Kindern mit Omphalozele oder eben selber betroffene Kinder oder jetzt Erwachsene, und die hat mir sehr geholfen. Also da konnte man dann wirklich Kontakte knüpfen. Aber sonst bin ich in meiner ganzen Recherche irgendwie tatsächlich nur auf Pro Familia und Co., dieses Abtreiben oder nicht gestoßen. Und diese Fragestellung hatte ich ja gar nicht. Deswegen war es tatsächlich eher schwer. Es gibt noch ein Forum, das fand ich sehr schön, das heißt „Weitertragen“. Da geht es eben um Schwangerschaften mit Diagnose, und da kann man sich auch austauschen. Aber sonst gab es danach eigentlich relativ wenig, wenn man sich nicht eben die Frage stellt, ob ich abtreiben möchte oder nicht.

Jonas:

Aber es ist das Unverständnis auch – das ist vielleicht auch aus der anderen Perspektive ein bisschen deckungsgleich mit dem, was du, Karina, gerade gesagt hast – dass man natürlich glaube ich auch, wenn man selber eine Behinderung hat, das Gefühl hat „wie schaut die Gesellschaft drauf?“, weil ich empfinde irgendwie, dass das Thema Schwangerschaft, weil es eben so ein gesellschaftliches Thema ist, immer wieder eine Sache, wo auch alle irgendwie eine Meinung dazu haben oder quasi alle endlich erst einmal darauf reagieren, vielleicht sich irgendwie freuen oder Tipps geben, auch natürlich irgendwie ungefragt. Diese Sorge vielleicht eben auch aus der Perspektive von Eltern mit Behinderung, das vielleicht irgendwie aus der Gesellschaft mit Unverständnis drauf geguckt wird, nach dem Motto „Karina, kannst du dir es überhaupt zutrauen, mit deiner Behinderung eine gute Mutter zu sein?“ Oder eben auch, vielleicht aus der Perspektive von dir, Lisa, dass viele Leute eine Meinung haben „Aber das Kind, das müsst ihr ja nicht bekommen“. Lisa, was für Meinungen oder was für Verständnis oder auch Unverständnis kam euch als werdende Eltern damals entgegen, als es darum ging „okay, unser Kind wird eine Behinderung haben. Und ja, wir werden es bekommen“?

Lisa: 

Gemischt. Aber wir haben auch gehört „heutzutage muss man doch kein behindertes Kind mehr bekommen. Ihr seid noch so jung“. Ich war damals 25. „Vielleicht verzieht es sich ja noch von alleine“, war auch eine Reaktion. 

Jonas:

Das Kind verzieht sich?

Lisa:

Ja, also vielleicht führt die Behinderung dazu, dass es noch im Mutterleib stirbt. Das war der Inhalt dieser Aussage. Und ja, also es konnten sich viele nicht vorstellen, auch im familiären Umfeld, gerade weil wir es eben noch vor der zwölften Woche wussten. Ja, da war das Unverständnis teilweise groß.

Jonas:

Wie tritt man dem Gegenüber? Ich kann mir vorstellen, dass es auch einfach ein sehr großer Kraftaufwand ist, quasi immer windmühlenartig dagegen anzudiskutieren. Oder kann man sich überhaupt auf eine Diskussion darauf einlassen? Weil ich meine, das ist ja im Endeffekt dann trotzdem eine Entscheidung, die man dort gemeinsam getroffen hat.

Lisa:

Also ich muss sagen, heute würde ich sicherlich anders reagieren, einfach weil ich eine viel klarere Meinung habe. Retrospektiv ist es einfach, ich bin mir wesentlich sicherer, ob das alles richtig war. Eine werdende Mutter hat totale Ängste und Zweifel, man weiß nicht, überlebt das Kind überhaupt, stirbt es im Mutterleib, wird man eine Totgeburt haben müssen. Man hat so viele Ängste, ich habe das meistens einfach ignoriert. Also was heißt ignoriert, ich bin nicht darauf eingegangen. Ich hatte keine Kraft für irgendeine Diskussion oder Aufklärungsarbeit. Letztendlich war das unsere Entscheidungen. Also heute hätte ich mit Sicherheit anders darauf reagiert und auch mal aufgeklärt, was solche Fragen bei einer wirklich verunsicherten, auch angstbesetzten Schwangeren auslösen können.

Raúl:

Genau das stelle ich mir bis heute wahrscheinlich als unfassbar anstrengend vor, immer diese aufklärende Person zu sein, die mit Zuversicht auf das Ganze blickt und den BedenkenträgerInnen da draußen bei einem lebenden Kind immer noch rechtfertigen zu müssen.

Lisa:

Ja, und da muss ich sagen, Frieda hat eine unsichtbare Behinderung, was es uns leichter machte, in manchen Situationen aber auch schwerer, weil man eben manche Verhaltensweisen von uns oder von ihr nicht nachvollziehen kann als außenstehende Person. Aber grundsätzlich muss ich sagen, ist es ja auch schön zu zeigen, es hat so viele schöne Seiten, und wir sind – und das kann ich jetzt auch erst im Nachhinein sagen – glaube ich wesentlich glücklicher, zufriedener, dankbarer und demütiger als wir es gewesen wären, hätten wir ein nichtbehindertes Kind bekommen. 

Raúl:

Inwiefern? 

Lisa: 

Weil man einfach sich nicht mehr über die kleinen Dinge aufregt, weil man das Leben zu schätzen weiß, weil man einfach dankbar ist für das, was man hat und nicht nur immer das sieht, was man nicht hat, weil es hätte auch schlimmer ausgehen können. Wir hatten wahnsinnig viel Glück, und dessen bin ich mir jeden Tag bewusst.

Jonas:

Habt ihr das Gefühl auch trotzdem, in dem Sinne – du bist dankenswerterweise auch heute bei uns hier im Podcast zu Gast – aber auch so ein bisschen Botschafterin zu sein, also quasi auch diese Botschaft transportieren zu müssen, dass man also auch diese Geschichte … oder wie sehr ihr Kraft geschöpft habt aus Facebook-Gruppen aus diesem Austausch auch selber eben – ich finde die Begrifflichkeit manchmal so ein bisschen schwierig – aber so Mutmacherin zu sein?

Lisa: 

Aber es ist doch so sinnvoll. Ich finde, die Behinderung findet einfach nicht in der Mitte der Gesellschaft statt. Und schwangere Personen können sich nicht vorstellen, wie es ist und was dazu kommen kann. Und ich habe mir auch gedacht, Oh Gott, das schafften wir nie. Also es gab Situationen, da hatte ich große Zweifel, und man wächst aber da rein. Irgendwann ist es gar nicht mehr so krass, und ich finde, wenn einem jemand das sagt am Anfang „Hey, jetzt ist es echt krass. Aber es wird immer weniger krass“ und man wächst da in seine Aufgabe rein und mir hat es so wahnsinnig geholfen. Und ich mein, ich krieg auch immer positive Rückmeldung, dass es eben Leuten hilft, wenn man da offen drüber spricht, über das Thema Abtreibung oder eben sich die Gedanken darüber zu machen, abzutreiben, das ist alles ein Tabuthema. Da spricht man nicht drüber. Man spricht auch nicht vor der zwölften Woche über eine Schwangerschaft, weil man Angst hat, das Kind verlieren zu können. Und das sind alles solche Tabuthemen. Und ich finde, jetzt habe ich die mentalen Ressourcen, da Aufklärung zu betreiben. Und deswegen finde ich es einfach so wichtig; auch weil die Behinderung meiner Tochter jetzt immer weniger gravierend ist und es ihr immer besser geht. Und manchmal habe ich das Gefühl, ich hätte deswegen weniger irgendwie das Recht, darüber zu sprechen, weil wir nicht mehr so schwer betroffen sind. Aber ich denke mir, Eltern schwerer betroffener Kinder, die haben vielleicht diese Kapazitäten nicht.

Jonas: 

Deswegen ist es eben so wichtig, finde ich, über dieses Thema Pränataldiagnostik und eben auch Abtreibung als mögliche Option zu sprechen, weil diese Korrelation zwischen ein Kind wird eine Behinderung haben und Abtreibung ist nämlich eher gegeben, weil die Behinderungen nicht der alleinige Grund sein darf oder sein sollte, abzutreiben. 

Karina:

Ja, voll. Theoretisch ist es nicht erlaubt, einen Embryo nur wegen einer Behinderung abzutreiben. Aber das passiert praktisch trotzdem noch. Ich habe da in einem Interview mit Jonte Lindemann darüber gesprochen, Jonte Lindemann ist ReferentIn für Medizin beim gen-ethischen Netzwerk.

Jonte Lindemann:

Man kann mit Beratungsregelung bis zur zwölften Woche eine Schwangerschaft abbrechen, und danach braucht es eine Indikationsstellung, und davon entfällt der allergrößte Teil auf die medizinische Indikation. Die sagt, dass man Schwangerschaften abbrechen kann, wenn die Gesundheit der schwangeren Person, also auch über die zwölfte Woche hinaus, wenn die Gesundheit der schwangeren Person gefährdet ist. Dazu gehört explizit auch ihre psychische Gesundheit, was erstmal grundsätzlich eine gute Sache ist. Aber eigentlich ist diese medizinische Indikation in der Anwendung eine Verschleierung von der embryopathischen Indikation. Also bis in die Neunziger gab es diese embryopathische Indikation, wo, wenn beim Fötus eine Behinderung diagnostiziert wurde, man allein aus diesem Grund abtreiben konnte. Jetzt gibt es das so nicht mehr, sondern es gibt diesen Umweg über die Gesundheit der schwangeren Person. Aber man nimmt quasi so, wie das im Moment gehandhabt wird, per se an, dass eine Behinderung des Fötus grundsätzlich so eine große Belastung für die schwangere Person ist, dass diese Indikation ausgestellt wird.

Jonas:

Dass ist ja auch interessant, dass es nicht mehr explizit um das ungeborene Kind geht, sondern um den Fakt wie es der Person geht, die schwanger ist, dass es da trotzdem eine große Anzahl von Abtreibung gibt. Karina, hast du da aktuelle Zahlen?

Karina: 

Laut dem Statistischen Bundesamt gab es 2022 insgesamt 103.927 Schwangerschaftsabbrüche und davon waren 2373 von diesen sogenannten Spätabbrüchen, also die Abbrüche nach der zwölften Woche, und rund 740 gab es noch nach der zweiundzwanzigsten Woche.

Jonas:

Ist das generell deswegen, weil wir, sage ich mal, das Thema Behinderung beziehungsweise man könnte auch dann quasi sagen Behindertenfeindlichkeit, also quasi Ableismus, noch sehr in unserer Gesellschaft verankert haben und deswegen gewisse Vorbehalte da sind, behinderte Kinder zur Welt zu bringen?

Karina: 

Also davon würde ich ausgehen. Ich meine, einer von den Gründen ist auch, dass wir immer mehr Pränataltests haben, vor allem diese nicht-invasiven Pränataltests, die ja hoch umstritten sind, wo man vorhersagen kann, ob der Embryo Trisomie 13, 18 oder 21 hat und die auch dazu führen, dass praktisch in manchen Ländern keine Kinder mit Down-Syndrom mehr auf die Welt kommen. Und ich glaube schon, dass das irgendwie zurückzuführen ist auf dieses behindertes Leben wird einfach in unserer Gesellschaft als weniger wert angesehen. Deswegen haben wir das Gefühl, wir müssen irgendwie auf alle erdenklichen Behinderungen testen. Und dann, in der Konsequenz werden halt ganz viele behinderte Embryos abgetrieben.

Raúl: 

Ich finde, bei der ganzen Debatte vermischen sich auch ganz viele Dinge irgendwie gleichzeitig. Also Tests machen ja unter bestimmten Umständen Sinn. Also wenn man herausfinden möchte, ob man medizinisch irgendwie die Geburt unterstützen kann oder die Schwangerschaft unterstützen kann, damit das Kind vielleicht mit weniger Krankheit oder mit weniger Behinderungen auf die Welt kommt. Einmal zu sagen, das könnte eine psychische Belastung der Eltern sein, wenn das Kind eine Behinderung hat und deswegen ist es gesundheitsrelevant, wirkt für mich so ein bisschen wie Rosinenpicken. Also das klingt jetzt so hart. Aber es klingt für mich ein bisschen wie Rosinenpicken. Und wenn man sich für ein Kind entscheidet, dazu hat jede Familie die Möglichkeit, bis zur zwölften Woche das zu entscheiden, dann kann man das natürlich in Erwägung ziehen, ob ich das machen will oder nicht. Aber bei einer Behinderung dann da quasi eine Ausnahme zu machen, dass man es länger entscheiden kann, ist, glaube ich, genau dieses ableistische da drin, dass man eben automatisch von einem Leid, von einer psychischen Belastung ausgeht und wir nicht die Frage stellen wo kommt denn diese psychische Belastung eigentlich her? Also kommt sie vielleicht auch durch die Gesellschaft, die eben darüber urteilt und richtet: wie kannst du nur ein behindertes Kind auf die Welt bringen? Oder die ÄrztInnen, die sich das nicht vorstellen können, ein Kind mit Behinderung zu haben, das dann den PatientInnen vielleicht auch ausreden, den ganzen bürokratischen Wahnsinn, den man durchgehen muss, wenn man ein Kind mit Behinderung hat, medizinischen Wahnsinn und man ständig erklären muss und so weiter, dass diese ganzen Fragen, die da mitschwingen, nicht mitgezählt werden. Und das immer dann quasi das Embryo verantwortlich gemacht wird für die Belastung, aber die Belastung kommt ja eigentlich von woanders.

Jonas:

Lisa, wie war es bei dir? Also, du hast ja erzählt, dass die Behinderung von Frieda bei einer ganz normalen Ultraschalluntersuchung festgestellt wurde? Wie stehst du zu der Pränataldiagnostik und dem ganzen Testverfahren, die eben ja Behinderungsarten aufdecken?

Lisa: 

Auch sehr hilfreich. Ich habe da eine sehr differenzierte Meinung. Ich hatte noch eine Schwangerschaft zwischen dem Alois und der Frieda, die dann leider relativ früh enden musste, weil das Kind Trisomie 18 hatte. Und da bin ich dann noch mal diesen Prozess der Pränataldiagnostik durchlaufen, aber auch wieder nur weil was auffällig war im normalen Ultraschall bei der Frauenärztin. Und auch da haben wir uns dann wieder für einen weiteren Test entschieden, aber auch, als dann rauskam Trisomie 18, gegen eine Abtreibung und das hätten wir wahrscheinlich bei Frieda nicht gemacht, wenn da Trisomie 13 oder 18 herausgekommen wäre. Aber genau das ist der Punkt. Ich hatte dann eine Entscheidungsgrundlage. Ich konnte anständig entscheiden, weil ich wusste, was ein Leben mit behindertem Kind bedeutet und was es für Hilfen gibt und das es auch eine absolute Bereicherung sein kann. Ich hatte eine ganz klare ethische, moralische Meinung und auch eine entsprechende mentale Gesundheit. Also, ich möchte keiner Frau das absprechen. Genau. Aber diese Tests waren einfach sehr hilfreich, um zu wissen, wo geht die Reise hin? Ich konnte mich vorbereiten auf eine palliative Geburt. So weit kam es dann leider nicht. Also, ich wollte das zu Hause, bin dann aber ins Krankenhaus, weil es medizinisch notwendig wurde. So, ich konnte mich vorbereiten. Ich hatte wieder das Wissen. Ich konnte es verarbeiten und konnte entsprechend selbstbestimmt den weiteren Verlauf gestalten. Und bei Frieda war es medizinisch einfach absolut notwendig, weil sie einfach direkt sofort nach der Geburt das erste Mal operiert werden musste und wir auch entsprechend die Klinik auswählen konnten, die sich damit auskennt. Ich meine, wir kommen vom Land; die Klinik, die hier vielleicht die erste Wahl gewesen wäre, wäre medizinisch vielleicht nicht die beste Wahl gewesen. Deswegen war das sehr hilfreich auch. Ich glaube, es geht nur darum, wie man mit Auffälligkeiten aus diesen Tests denn umgeht. Und da fehlt meiner Meinung nach einfach ganz vielen Familien, die vor so einer Entscheidung stehen, die Entscheidungsgrundlage, weil Behinderung findet nicht mehr statt, in den Kindergärten findet keine Behinderung statt, in Geburtsvorbereitungskursen findet keine Behinderung statt. Man weiß es einfach nicht, und das ist der größte Kritikpunkt, glaube ich, an diesem Test, weil die Eltern viel damit alleingelassen werden, selbst wenn sie dann zu einer Schwangerenberatung gehen. Der nächste Schritt ist ja dann wieder erst, in die Familien reinzugehen und sich das anzuschauen. Und da hört es schon bei vielen auf, dass die Bereitschaft gar nicht da ist und das finde ich sehr schade. Und dann der zweite Kritikpunkt ist eben, die embryopathische Indikation ist zwar verboten, aber eben auch, wie Raúl gesagt hat, davon auszugehen, dass ein Kind mit Behinderung immer was Schlimmes sein muss und eine psychische Belastung, das ist erstens einfach, glaube ich, das kann man so gar nicht sagen. Und zweitens argumentieren ja dann auch viele, die Lebensqualität des Kindes ist ja dann nicht gegeben. Kinder mit Trisomie 18 – die 90 Prozent sterben im Laufe des ersten Lebensjahres, die meisten sogar noch im Mutterleib, einfach im Uterus – und das finde ich halt auch: die Lebensqualität des Kindes mit Behinderungen kann genau das Kind selber irgendwie beurteilen, und wir können es nicht beurteilen. Und das finde ich eben schwierig an den Tests, dass diese Gedanken sich die Eltern dann, glaube ich, wenig machen. 

Jonas:

Aber kannst du nachvollziehen, dass es Kritik an diesen Tests gibt, die eben einzig und allein dafür vielleicht manchmal herhalten müssen, um quasi herauszufinden: ist das Kind topfit und gesund? Oder hat es irgendwelche „Mängel“, Behinderungen, wo man sagt: „Moah, ich wollte eigentlich ein gesundes Kind. Und nee, wenn es eine Behinderung hat, dann halt nicht“.

Lisa:

Ja, total. Auch dass die Krankenkassen das bezahlen, zeigt meiner Meinung nach auch, ja okay, die Konsequenz – und die logische Konsequenz einer Auffälligkeit ist in den meisten Fällen, das sieht man auch an den Zahlen, die Abtreibung – das finde ich eben schwierig, weil das dann so normalisiert wird und dass die meisten Behinderungen eben nicht einfach vor der Geburt schon feststehen, sondern im Laufe des Lebens oder bei der Geburt entstehen, kriegt man ja nicht gleich aufgeklärt, wenn man solche Tests macht. Aber so ein Test wird von den Krankenkassen bezahlt, also machen es die meisten, wie in der Schwangerenvorsorge halt auch, ja, und – man sieht das ja auch an den Zahlen – wird dann meistens auch als Indikation zur Abtreibung genutzt, wenn diese Tests auffällig sind. Deswegen: superhilfreich für die weitere Gestaltung bei einer Auffälligkeit, wenn man die Geburt oder wenn man den Embryo austragen möchte trotz Behinderung; auf der anderen Seite natürlich auch irgendwie gleich so eine Normalisierung von Abtreibungen bei Auffälligkeiten.

Jonas:

Diese eben nicht invasiven Pränataltests oder kurz NIPT, die vielleicht der ein oder andere schon mal gesehen hat, auf irgendwelchen Webseiten oder Flyern oder vielleicht eben auch den dazugehörigen Hashtag schon mal einem untergekommen, ist nämlich No-NIPT, der nämlich von verschiedenen AktivistInnen benutzt wird, die eben genau das kritisieren, dass gesagt wird, okay, dass es diese Tests jetzt von der Krankenkasse bezahlt gibt und dadurch einfach ein mögliches Aussieben von Embryos vor der Geburt passiert.

Karina: 

Ja, ich glaube, da muss man auch einfach noch mal klar unterscheiden. Also Pränataldiagnostik ist erstmal alle Untersuchungen, die irgendwie am Embryo und Fötus während der Schwangerschaft irgendwelche angeborenen Krankheiten und oder Behinderungen suchen. Und da gibt es welche, die sind ganz unterschiedlich nützlich oder riskant auch und viele davon, wie Lisa auch schon sagt, die sind eigentlich nützlich, um zum Beispiel dafür zu sorgen, dass die schwangere Person kein Risiko eingehen muss, wegen irgendwelchen Vorerkrankungen und so weiter. Aber dann gibt’s eben diese NIPTs, die jetzt auch seit letztem Jahr eine Kassenzulassung haben. Und die suchen explizit, oder die treffen eigentlich nur eine Vorhersage, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Embryo Trisomie 21, also das kennen viele als Down-Syndrom, 13 oder 18 haben und das sind eigentlich keine offiziellen Vorsorgeuntersuchungen. Aber wie gesagt die Kasse übernimmt die unter bestimmten Voraussetzungen, also zum Beispiel, wenn andere Tests vorher auffällig waren, wie zum Beispiel Ultraschalluntersuchungen oder wenn es die “persönliche Situation der schwangeren Personen notwendig macht”. Wobei da nicht genauer definiert wird, was diese persönliche Situation eigentlich ausmacht oder was da drunter verstanden wird. 

Raúl: 

“Ich will das unbedingt haben.” 

Jonas:

Ach so, okay, dann… 

Karina:

Und die Aufklärung zu diesen Tests und eben dann auch den Konsequenzen, was passiert, wenn da halt ein positives Ergebnis herauskommt, ist extrem schlecht. Und auch dazu habe ich mit Jonte Lindemann gesprochen und Jonte Lindemann hat da auch eine ganz klare Meinung zu der Kassenzulassung. 

Jonte: 

Das finden wir eine fatale Botschaft an schwangere Personen, aber auch an die Gesellschaft, weil natürlich Leute glauben „Oh, die Krankenkasse, die bezahlt ja das absolute Minimum von dem, was notwendig ist. Wenn die Krankenkasse das zahlt, dann sollte ich diesen Test machen“ und die vorgeburtliche Suche nach Behinderungen, die suggeriert eigentlich „Oh, das ist was, das können wir vorher ausschließen. Das ist was, was vermeidbar ist“. Und letztendlich sagt das auch, dass das was wäre, was gesellschaftlich unerwünscht ist. Deswegen finden wir die Kassenfinanzierung dieser Tests und auch die Art und Weise, wie das in Anspruch genommen wird, wie teilweise auch Schwangere dazu beraten werden, finden wir total fatal. Das ist eine behindertenfeindliche Praxis.

Karina:

Was auch noch an diesen NIPTs kritisiert wird, ist, dass die eigentlich keinen medizinischen Nutzen haben. Also die reduzieren nicht das Risiko von anderer Pränataldiagnostik, also invasiven Tests, die direkt in dem Körper der schwangeren Frau eingreifen und teilweise zu Fehlgeburten führen können, weil, wenn das Testergebnis von so einem NIPT positiv ist, folgen meistens trotzdem weitere Tests und wahrscheinlich der größte Kritikpunkt ist, dass diese Tests oft falsch positiv sind. Also das rauskommt, dass der Embryo eine Behinderung, also zum Beispiel Trisomie 21 hat, obwohl diese Behinderung dann eigentlich gar nicht vorliegt. Also das nennt sich die Falsch-Positiv-Rate, und die ist höher, je jünger die schwangere Person ist, also zum Beispiel für Trisomie 21 in der 16. Schwangerschaftswoche: für eine schwangere Person, die 22 Jahre alt ist, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass das Testergebnis korrekt ist, bei 49 Prozent. Wohingegen, wenn das Testergebnis negativ ausfällt, ist die Wahrscheinlichkeit 99 Prozent, dass das korrekt ist. So, noch schlechter sieht es aus für Trisomie 13 und 18, also bei Trisomie 18 liegt die Falsch-Positiv-Rate bei 80 Prozent und bei Trisomie 13 bei 90 Prozent. Insofern sind diese Tests nicht sonderlich verlässlich, vor allem nicht bei jüngeren schwangeren Personen. 

Raúl:

Auf der anderen Seite kann ich schon auch verstehen die Argumente, die dann kommen, dass, wenn so etwas nur für Leute finanzierbar ist, die sich das leisten können, kann das ja auch wieder klassistische Dimensionen haben, die auch problematisch sein können. Ich frage mich bei diesen ganzen Tests, die es gibt, wo ziehen wir denn dann irgendwann die Grenze? Also wenn wir irgendwann entscheiden können, ich hätte gern ein blondes Kind oder einen Jungen oder ein Mädchen. Und das wird dann auch Kassenleistung oder nicht. Also haben wir vielleicht sogar mit diesen Tests so eine Art Dammbruch begangen, gesellschaftlich? 

Karina:

Also, interessanterweise gibt es mittlerweile ja schon sehr viel mehr von diesen NIPTs, also, das sind auch noch ganz viele in Entwicklung. Mittlerweile kann man auch schon irgendwie auf Anomalien von Sex-Chromosomen testen, und auf ganz viele andere angeborene Behinderung. Und da gibt es auch eine ganz spannende Studie aus Taiwan, die hat Eltern von autistischen Kindern befragt, was sie machen würden, wenn sie bei der nächsten Schwangerschaft vorher wüssten, dass das Kind Autismus hat und über die Hälfte davon hat angegeben, dass die dann die Schwangerschaft abbrechen würden. Und ich glaube, das sind schon ziemlich krasse Zahlen auch. Mittlerweile gibt es ja auch Länder, in denen nahezu hundert Prozent von allen schwangeren Personen den Abbruch machen lassen, wenn sie einen Embryo mit Down-Syndrom diagnostiziert bekommen. Also es ist eine nicht so gute Richtung, in die wir da gehen.

Jonas:

Ich habe irgendwie grundsätzlich immer das … das geht mir nicht aus dem Kopf, dass es irgendwie wirklich ein großes gesellschaftliches Thema ist, weil es quasi auch immer darum geht, wie wird auf die eigene Entscheidung geguckt? Weil natürlich, wenn man sagt, gerade dann, wenn solche Tests dann auch noch von der Kasse bezahlt werden, dann gibt es ja für werdende Eltern überhaupt gar keine Argumente mehr zu sagen, ich mache das nicht, weil du kannst nicht sagen, das ist eine Zusatzleistung, das ist zu teuer. Das ist ja quasi dann so in dem Standard drin, dass du das theoretisch einfach machen musst. Auch wenn du eigentlich vielleicht sagst „okay, ich möchte nur, dass das Nötigste getestet oder herausgefunden wird“. Und dass du dir dann im Nachgang, wenn dann das Kind eine Behinderung haben wird, Lisa, so wie du es ganz am Anfang gesagt hast, dieses Anhören müssen „das hätte doch nicht sein müssen“, beziehungsweise „das hätte man doch verhindern können“ oder „warum habt ihr nicht die und die Tests gemacht?“ Also dass da eigentlich so viel mitschwingt, dass man aufgrund dieser Möglichkeiten, die man hat und dieser ja Vielzahl an Testmöglichkeiten und auch Vorkehrungen ja auch fast teilweise gezwungen ist, solche Sachen herauszufinden, Behinderung herauszufinden und dann der Norm-Gesellschaft sich anpassend, dann eben zu „verhindern“, dass ein behindertes Kind geboren wird.

Lisa: 

Die erste Frage, wenn jemand erfährt, dass mein Kind eine Behinderung hat, ist: „Wusstet ihr das vorher?“ Also wirklich in 90 Prozent der Gespräche! Ich hatte erst vorgestern wieder den Fall. Da ging es um die Frieda, und dann habe ich eben erzählt, dass sie eine Behinderung hat und dann war wieder „wusstet ihr das vorher?“ und manchmal bin ich auf Krawall gebürstet und frag „Ja, tut das was zur Sache? Hätte ich abtreiben sollen?“ Weil, es schwingt ja immer was mit. Ich meine, warum fragen das die Leute? Da liegt ja schon die Bewertung in der Frage. Aber das finde ich wirklich in 90 Prozent der Fälle, also, dass das passiert mir nicht nur einmal. Oder ist mir nicht nur einmal passiert, sondern passiert mir ständig. Und da liegt die Bewertung einfach schon drinnen. Und genau das ist dieses gesellschaftliche Problem: heutzutage muss man kein behindertes Kind mehr kriegen. Wir können ja selektieren, weil die Krankenkassen zahlen es ja. Aber was macht es aber für den Wert eines Lebens aus, eines Kindes, das vielleicht eben bei oder nach der Geburt behindert wird oder durch einen Unfall im Laufe des Lebens ein erwachsener Mensch eine Behinderung erlangt? Was bedeutet denn das für den Wert? Das macht ja die Menschen nur noch stigmatisierter, die mit einer Behinderung leben.

Raúl:

Zumal 97 Prozent der Behinderung im Laufe des Lebens erworben werden und das nicht von Geburt an getestet werden könnte im Vorfeld. 

Jonas:

Ja. Aber das sind dann die schweren Schicksalsschläge, um jetzt mal weiter in diesen Stereotypen und diesen Klischees zu bleiben.

Raúl:

Aber das Leben als solches, wenn du dich für eine Schwangerschaft entscheidest, ist doch sowieso eine Lotterie. Also es kann ja auch sein, dass, ich sage es jetzt mal hart, aber du ein Kind auf die Welt bringst, das ein Charakterschwein ist.

Jonas:

Nein! Wenn es nach den Eltern kommt, um Gottes Willen!

Raúl:

Also. Aber das ist die Lotterie des Lebens auf eine Art. Du kannst ja auch nicht die Haarfarbe aussuchen. Ich weiß, dass es polemisch ist. Ich habe mal eine Reportage gemacht für ein YouTube-Format, und da haben wir auch mit mehreren ExpertInnen in dem Bereich gesprochen. Und einer sagte, dass es auch in verschiedenen Ländern natürlich unterschiedliche Bewertungen gibt, ab wann abgetrieben wird und wann nicht. Es gibt Länder, da wird kaum abgetrieben, weil es kaum Tests gibt. Und es gibt Länder, da wird sofort abgetrieben, weil alles getestet wird, wie auch Karina schon angedeutet hat. Und das es eigentlich danach schreit, dass Familien vielleicht auch oder werdende Familien dabei auch Unterstützung brauchen bei dieser moralischen Entscheidung und dass vielleicht die Frage „trage ich es aus oder trage ich nicht aus? Ist das Leben lebenswert? Ja oder nein?“ für viele Familien viel zu groß ist. Und dass, wenn wir gesellschaftlich aber sagen, wie es in Deutschland ja momentan geregelt ist, bis zur zwölften Woche ist Abtreibung zugelassen, weil einfach mein Körper gehört mir und die Frau das entscheidet, oder die Person, die das Kind austrägt, so dass das vielleicht auch eine Entlastung sein kann, wenn man eben nicht mit diesen Fragen konfrontiert ist, weil es diese Optionen gar nicht gibt. Versteht ihr, was ich mein?

Lisa:

Den Punkt verstehe ich voll und ich finde es total wichtig, weil eben diese Entscheidung, wenn einem die Entscheidung abgenommen wird, schon mal sehr hilfreich sein kann. Aber auf der anderen Seite, wenn eine Familie sich wirklich diesen Herausforderungen nicht gewachsen sieht und erst im Laufe der Schwangerschaft davon erfährt und sich nicht dahinter versteckt, ob das lebenswert ist beim Kind, sondern wirklich sagt „Ich könnte das nicht leisten. Ich würde daran zerbrechen. Ich könnte dem Kind nicht das geben, ich könnte es nicht so fördern, wie es notwendig wäre. Und ich würde die ganze Zeit meine Wut und Frustration oder meine Überforderung und meine Hilflosigkeit an dem Kind auslassen“. Also das ist auch ein Punkt, den man bedenken muss. Also es ist wirklich, glaube ich, gar nicht so einfach, da ein Richtig oder Falsch herauszufinden.

Raúl:

Aber da gäbe es ja andere Möglichkeiten, so etwas wie Babyklappe oder zu Adoption geben. Also warum muss es quasi gerade ab der zwölften Woche, wo ja bei der Indikation Behinderung, das bis kurz vor der Geburt teilweise auch möglich gemacht wird, wir kaum darüber reden in solchen Diskursen, was das auch bedeutet. Also, das ist ja nicht einfach „Ich nehme Tablette, und dann ist es weg“. Das sind ja auch richtige, teilweise Totgeburten, die dann eingeleitet werden müssen. Das Kind wird vorab im Bauch getötet. Also das Embryo wird vorab getötet. Also das sind auch furchtbare Maßnahmen, die da gemacht werden, die durch die Person ja so oder so geht.

Jonas:

Aber diesen Gedanken eben auch weiterzuführen. Ich meine, es gibt ja auch viele Leute, die sich Gedanken machen in der Situation, „möchten wir Kinder bekommen?“, die vielleicht auch für sich sagen, okay, die Situation auf unserer Welt im Sinne von Klimawandel, die ganzen Kriege, die es gibt, das sind einfach, sage ich mal, nicht so die Voraussetzung, wo ich sage, das möchte ich der nächsten Generation beziehungsweise dann meinem Kind irgendwie antun. Da gibt es vielleicht eben auch die Gedanken, wo Personen sagen, okay, ich möchte nicht ein behindertes Kind dieser ableistischen Gesellschaft irgendwie aussetzen. Kann ja auch ein Gedanke sein. Wie würde denn generell, was meint ihr, wie würde denn eine Gesellschaft ohne behinderte Kinder, ohne behinderte Menschen dann irgendwann aussehen? Also, wenn man jetzt mal weitergeht: 3,3 Prozent aller Menschen mit Behinderung haben ihre Behinderung seit der Geburt. Wenn die Zahl jetzt immer weniger wird und wir irgendwann gar keine Kinder mit Behinderung mehr auf die Welt bringen: was hätte das für Folgen für unsere Gesellschaft? Hätte das Folgen für unsere Gesellschaft?

Karina: 

Ja, die Welt wäre wahrscheinlich ein sehr trauriger, farbloser, wenig perspektivischer Ort, wenn es nur irgendwie weiße Cisgender-Männer gäbe. Weil wir wahrscheinlich, wenn wir an dem Punkt sind, dass wir jegliche Form von Behinderung vermeiden können, können wir mit Sicherheit auch ganz, ganz viele andere Sachen, so wie dass jeder nur noch die Haarfarbe und Augenfarbe und sonst was hat und den IQ, den wir uns irgendwie wünschen und dann gäbe es keine Vielfalt mehr, und alle Perspektiven, die sich daraus ergeben, gingen verloren.

Lisa:

Ich glaube auch, dass die Welt vielleicht unzufriedener wäre, weil, wenn alles immer so dieser vermeintlichen Perfektion entspricht und dieser Gleichheit, dann … also ich habe durch diese Behinderung eben vielmehr gelernt, dankbar für das zu sein, was ich habe, weil man eben auch vor Augen hat, was man hätte haben können, was noch viel schlimmer gewesen wäre. Und wenn man diese Negativbeispiele und diese schlimmen Erfahrungen gar nicht in Betracht zieht, dann fängt man an, sich über die kleinen Dinge zu ärgern. Die Dänen zum Beispiel, die machen ganz bewusst irgendwie keine Filme mit Happy End, sondern das sind auch ganz viele Dramen mit einem schlimmen Ende, weil sie sagen: Das ist das Leben, das ist die Realität und nicht Friede-Freude-Eierkuchen, alle fallen sich in die Arme und alle sind glücklich. Und das ist gerade in den skandinavischen Ländern, das finde ich auch ganz schön, weil der Tod gehört zum Leben dazu, Krankheit gehört zum Leben dazu, Vielfalt! Und ich glaube, dass das also schon glücklicher macht. Auch weil es mehr Gestaltungsspielraum gibt. 

Jonas:

Das Leben hat ja eine ganz andere Wertigkeit, wenn es den Tod nicht gäbe.

Raúl:

Also ich glaube, dass wir da auch gesellschaftlich dagegen steuern könnten, wenn wir viel mehr Repräsentationen von Menschen mit Behinderungen – zum Beispiel Down-Syndrom – in der Gesellschaft auch hätten, also in den Medien, in der Öffentlichkeit, in Regelschulen, in Kindergärten, sodass dann das auch sichtbarer wird und auch vorstellbarer wird, wie es ist, mit dieser Behinderung zu leben. Es reicht ja auch schon, das vorstellbar machen, das sichtbar sein. Ich bin manchmal ein bisschen vorsichtig, wenn wir die Vielfalt der Gesellschaft als etwas sehen, das immer eine Bereicherung ist oder immer schön oder die Vielfalt uns alle, ja, wie soll ich sagen, was Positives ist. Aber das führt ja auch zu Konflikten, zu Trauer, zu Schmerzen. Und das ist aber etwas, woran wir alle lernen können.

Jonas:

Absolut. Aber Lisa, du hast dich ja quasi gegen eine Abtreibung entschieden. Generell finde ich wichtig bei diesem Thema natürlich aber auch immer noch die Perspektive “my body, my choice” reinzubringen im Sinne der Selbstbestimmtheit, dass jede Person, die schwanger ist, eben auch selber entscheiden kann, das Kind zu bekommen, das steht ja so ein bisschen dem gegenüber oder?

Lisa:

Voll, aber das muss sich auch gar nicht widersprechen. Also ich finde, jede schwangere Person und auch der Partner/die Partnerin können ja auch wirklich selber entscheiden. Ich finde nur, dass es vielleicht vor der zwölften Woche geschehen sollte und dass man sich eben nicht hinter diesem Deckmantel: „Ah, das Kind hat keine Lebensqualität“ versteckt. Und dass man ganz klar sagt: Ich kann das nicht. Ich möchte das nicht. Ich möchte nicht weiter schwanger sein, oder ich möchte eben nicht ein Kind oder ein Embryo mit Behinderung weiter austragen. Weil ganz oft sagt man: Ein Kind mit Trisomie 18, wie gesagt, stirbt meist noch im Uterus oder dann im Laufe des ersten Lebensjahres. Und das passiert ganz oft, immer mit dieser Lebensqualität wird argumentiert. Und ich finde schon auch, dass jede Frau selber entscheidet. Wenn ein Unfall passiert – und man kann noch so oft aufpassen – manchmal wird man einfach trotzdem schwanger. Und jetzt reden wir auch gar nicht von irgendwelchen Gewaltverbrechen und Co. Aber ich finde, das ist auch wichtig. Und das muss man differenziert betrachten, weil es nicht immer nur eine Entscheidung: behindertes Kind oder nicht behindertes Kind ist, sondern manchmal eben auch einfach nur: schwanger sein oder nicht schwanger. Und da finde ich, sowohl die Abtreibung als auch die Weiterführung einer Schwangerschaft sind Optionen, die beide wertfrei gesehen werden sollten von der Gesellschaft.

Karina:

Ich glaube, das Problem ist auch so ein bisschen, dass viele denken, dass, wenn man gegen die NIPT-Tests als Pränataldiagnostik ist, das man gleichzeitig auch gegen Abtreibung ist, beziehungsweise “pro life”, also im Endeffekt damit auch gegen Selbstbestimmung. Also das stimmt offensichtlich nicht. Aber da gibt es auch noch einen ganz tollen O-Ton von Jonte Lindemann.

Jonte:

Ich bin dafür, dass man eine Schwangerschaft abbrechen kann, wenn man nicht schwanger sein will, dass man sich gegen ein Kind entscheiden kann, wenn man kein Kind bekommen möchte. Aber ich finde nicht, dass dazugehört, sich entscheiden zu können, welche Kinder man haben will und welche nicht.

Jonas:

Lisa, was hast du noch vielleicht für Tipps oder für Anlaufstellen, die du vielleicht auch noch einmal empfehlen würdest aus deiner Perspektive, wo man sich vielleicht hinwenden könnte, als Person die schwanger ist, vielleicht mit PartnerIn gemeinsam. Weil so, wie du ja auch gesagt hast, dass es nicht immer so die optimale Beratung, sage ich mal vielleicht aus ÄrztInnen-Perspektive gibt und man vielleicht ja eben auch einen wirklich starken gesellschaftlichen Druck eben auch spürt.

Lisa:

Also ich finde, vor allem ist, glaube ich, wichtig – und das war mir am Anfang nicht so klar – dass es schlussendlich nicht so wichtig ist, welche Behinderung man hat oder wie man sich informiert jetzt, sondern ein Leben mit Behinderung. Dass man da einfach schaut, okay man wendet sich an Eltern, die ein Kind mit Behinderung haben, egal, welche Behinderung und ob es die gleiche ist, die jetzt festgestellt wurde beim eigenen Embryo im Bauch, sondern dass man einfach sich so diese Mannigfaltigkeit der Behinderung mal zu Gemüte führt und schaut, was kann alles passieren. Da gibt es ja graduelle Unterschiede, auch bei der ein – und derselben Diagnose. Und da ist es manchmal einfach wurscht, ob es die richtige Diagnose oder die gleiche Diagnose ist, sondern einfach, dass man sich so vorstellen kann: was kommt auf einen zu? Weil Pflegegrad kommt auf alle zu wahrscheinlich, der Grad der Behinderung, Krankenhausaufenthalte eventuell, diese ganzen Sachen. Und da ist es, glaube ich, einfach gar nicht mal so wichtig, dass man sich speziell jetzt diese eine Selbsthilfegruppe für diese eine Diagnose sucht, sondern einfach generell seinen Horizont erweitert, indem man sich über ein Leben mit einem behinderten Kind informiert. Und genau das ist das, was in der Gesellschaft, glaube ich, grundsätzlich schon stattfinden sollte, eben Behinderungen in Kindergärten. Dass man so was, dass man sich gar nicht erst groß informieren muss, sondern dass jeder fünf Leute aufzählen kann, die eine Behinderung haben, so ungefähr. Aber Behinderte stehen halt leider oft auch am Rande der Gesellschaft. Es gibt gerade bei uns aktuell, es gibt Klettergruppen nur für behinderte Kinder, wo sie meine Tochter reinstecken wollten, um sie nicht integrieren zu müssen in einer Klettergruppe, wo es vielleicht mehr um Leistung geht. 

Und das ist, glaube ich, das ist zwar noch irgendwie ein Wunschtraum. Aber grundsätzlich ist es, glaube ich, wichtig, dass man eben sich diese Mannigfaltigkeit bewusst macht. Und da ist es gar nicht so wichtig, nach einer bestimmten Diagnose zu schauen, sondern einfach mal links und rechts und vielleicht mit Eltern spricht, die überhaupt ein Kind mit Behinderung haben. 

Und da gibt es sehr viele Anlaufstellen, egal, ob es über irgendwie Pro Familia oder eine andere Beratungsstelle ist, die Familien vermitteln oder dieses Forum weitertragen oder man eben Facebook-Gruppen sucht nach entsprechenden Diagnosen. Oder es gibt ja auch einfach schon Sondenkinder zum Beispiel, weil viele Kinder mit Behinderung haben eine Sonde. Da kann man dann mal nachfragen und sagen: Hey, ich habe so viele verschiedene Behinderungen, ich hätte gerne mal Ansprechpartner und jemanden, der sich mit mir austauscht. Und also das hat mir sehr, sehr viel geholfen. Und ich kriege auch immer wieder Anfragen, weil ich ja sehr offen mit dem Thema umgehe, immer wieder Anfragen von Eltern, die in derselben Situation stecken und gerade eine Diagnose bekommen haben und sich Gedanken machen, wie es weitergehen wird.

Jonas:

Und ich finde generell, das ist ja das, was wir auch häufig hier bei uns als Thema haben, diese Begegnungen schaffen, in den Austausch kommen ist ja, glaube ich, auch unabhängig davon, ob das Kind eine Behinderung hat oder nicht. Ich finde immer dieses Thema Schwangerschaft ist sowieso vielleicht erst mal etwas, wo gerade dann, wenn man das irgendwie das erste Mal erlebt, vielleicht auch irgendwie sehr, vielleicht erst mal überfordert ist auch mit der ganzen Thematik, und es da einfach irgendwie sehr gut tut, sich irgendwie mit Leuten auszutauschen, die entweder das Gleiche erleben, beziehungsweise da irgendwie Erfahrung haben und man irgendwie schaut, dass man mit den eigenen Gedanken und den Gefühlen, mit denen man sich irgendwie beschäftigt, auch nicht irgendwie ganz alleine ist, sondern es sehr, sehr vielen anderen Leuten eben genauso geht, sondern man muss einfach das voneinander wissen und es lohnt sich einfach da wahnsinnig, sich irgendwie auszutauschen. 

Die ganzen Informationen und auch irgendwie Tipps, nützliche Anlaufstationen, haben wir natürlich auch wieder in unseren Shownotes für euch zusammengestellt. Auf www.dieneuenorm.de findet ihr alle Informationen zu dieser Podcast-Episode. 

Deshalb: vielen Dank Lisa, dass wir heute mit dir in den Austausch kommen konnten und dass du einen privaten Einblick in deine Schwangerschaften, beziehungsweise in dein Leben mit Frieda und auch mit Alois geben konntest und uns erzählen konntest, wie du persönlich zu Pränataldiagnostik stehst und den ganzen Tests, die vielleicht herausfinden, ob das Kind eine Behinderung haben wird oder nicht. 

Also vielen Dank, dass du heute bei uns warst.

Lisa:
Sehr gerne, danke euch.

Jonas:
Und apropos private Einblicke: wenn ihr‘s gemerkt habt: wir sind aktuell in Folge 49 und gehen mit großen Schritten, beziehungsweise mit einem immens schnellen Tempo auf Folge 50 zu und möchten das ein bisschen mit euch gemeinsam feiern. Und wir möchten in der nächsten Podcast-Episode einfach mal eure Fragen beantworten. Heißt also: was wolltet ihr uns persönlich immer schon mal fragen? Egal, ob es ja was ganz Privates ist oder wenn es irgendwas thematisches ist. Habt ihr eine Frage, wo ihr meint, da sollten wir uns mal in der nächsten Podcast-Folge drum kümmern?

Dann schreibt uns gerne entweder eine Mail an [email protected] oder ihr können uns auch eine Text- oder eine Sprachnachricht schicken. Und zwar an die 0155-66194907, aber auch diese Telefonnummer findet ihr in den Shownotes auf www.dieneuenorm.de. Und dann freuen wir uns auf die nächste Folge, wenn ihr dann auch wieder mit dabei seid und mit uns gemeinsam die Folge Nummer 50 feiert. Bis dahin.

Alle:
Tschüß

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