Traumatherapie könnte mein Leben retten

Das Logo von Die Neue Norm auf rotem Grund. Rechts davon steht: Die Neue Kolumne. Unten steht: Von Melina Ebel.
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Triggerwarnung

In diesem Artikel geht es um psychische Gesundheit und Suizid.

Am 28. Januar bin ich aus der geschlossenen Psychiatrie entlassen worden. Danach habe ich noch drei Monate dort gewohnt, weil ich keinen festen Wohnsitz hatte. Obwohl ich stabil war und mit dieser Episode abschließen wollte, musste ich dort bleiben. Das war kein gutes Gefühl!

Seit Oktober 2020 war ich auf der Suche nach einer Wohnung. Es gab in der Klinik kein Internet, also musste ich mir Datenvolumen für mein Handy kaufen und das, obwohl ich zu dieser Zeit ohnehin schon von meinem Ersparten leben musste. Ohne diese Eigeninitiative, hätte ich keine Wohnung finden können. Dass ich blind bin, erschwerte mir die Suche noch zusätzlich. Mit 2% Sehkraft ist es fast unmöglich, Bilder der Wohnungen anschauen, Preise zu unterscheiden oder eine Wohnung in einer mir unbekannten Gegend zu besichtigen. In meiner Klinik hat mich dabei niemand unterstützt. 

Anfang Dezember habe ich dann endlich eine Wohnung gefunden, doch die Bewilligung des Antrags beim Arbeitsamt zur Wohnungsgenehmigung dauerte bis Ende Januar und so konnte ich erst Ende Januar in meine neue Wohnung einziehen. Als ich aus der Klinik entlassen wurde, legte man mir nahe, so schnell wie möglich einen ambulanten Therapeuten zu suchen. Also habe ich mich wieder auf die Suche gemacht. Nach einer ersten Sprechstunde stand fest, dass ich eine spezielle Traumatherapie machen müsste. Die Suche gestaltet sich bis heute schwierig. Es gibt nicht besonders viele Therapeuten, die auf Traumatherapie spezialisiert sind. Viele von ihnen haben keine Kapazitäten mehr, um Patienten aufzunehmen. Außerdem brauche ich aufgrund meiner Geschichte unbedingt eine weibliche Therapeutin, das erschwert die Suche zusätzlich.

Jetzt sind also schon fünf Monate vergangen, in denen ich keine Therapie hatte und immer wieder Absagen bekam. Aus lauter Verzweiflung habe ich überlegt, eine stationäre Traumatherapie zu besuchen. Doch auch das ist unmöglich, denn die Krankenkasse übernimmt die Kosten nicht, wenn man bis zu sechs Monate zuvor in der Klinik war. Mein unfreiwilliger Wohnaufenthalt in der Klinik während der Suche nach einer Wohnung wird als Klinikaufenthalt gezählt und somit bin ich erst ab Anfang August berechtigt, eine stationäre Therapie zu starten.Zum Glück bin ich aktuell recht stabil, aber ich weiß nur zu gut, wie schnell diese Stabilität in sich zusammenfallen kann.

Wie kann das sein? Warum wartet ein Mensch, der traumatisiert ist und Hilfe braucht, so lange auf einen Therapieplatz? Warum haben Therapeuten, die von der Krankenkasse übernommen werden, eine Wartezeit von neun bis zwölf Monaten? Und was sollen die Patienten in der Wartezeit machen, wenn sie Hilfe brauchen? Läuft da nicht etwas in der Planung schief? Wenn ein Patient Hilfe braucht und auch Hilfe möchte, um im Leben weiter zu kommen, um nach vorne zu blicken und stabil zu bleiben, warum bekommt er die benötigte Behandlung nicht? Haben wir etwa nicht alle das Recht auf Hilfe und Unterstützung zum richtigen Zeitpunkt?

Oft habe ich es schon erlebt, dass Hilfe zu spät kam und die Krankheiten sich verschlimmern – nur deshalb, weil es an Therapieplätzen mangelt, Wartelisten gesperrt sind und Kassenpatienten lange auf Kostenübernahme und Plätze in Kliniken warten müssen. Diese Situation macht mich traurig und wütend und lässt mich verzweifeln! Und sie gefährdet mein Leben. Mein selbstverletzendes Verhalten in dissoziativen Zuständen, also Episoden, in denen die psychische Integration meines Erlebens und Handelns verloren geht, könnte ich jedes Mal mit dem Leben bezahlen. Ich möchte nicht sterben!

Ohne die Therapie verlieren viele Menschen den Halt in ihrem Leben, verlieren ihre sozialen Kontakte oder nehmen sich sogar das Leben!

Traumatherapien retten Leben, sind existenziell und müssen für jeden zugänglich sein!

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