Vor ca. 2 Jahren sagte mir ein Mensch, dass er mich nicht liebt und sich ein weiteres Zusammenleben mit mir nicht vorstellen kann. In Gesprächen zuvor hatten wir über das Thema Kinderkriegen und den Alltag miteinander gesprochen. Ich habe es ihr nie gesagt, aber ich glaubte, dass der Grund für unsere Trennung meine Beeinträchtigung gewesen sei. Oder war ich einfach nicht imstande eine vernünftige Beziehung zu führen? Hatte es vielleicht gar nicht mit meiner Behinderung zu tun, sondern war ich einfach unempathisch, egozentrisch, mir selbst genug?
In dieser Zeit hatte ich mit starken Rückenschmerzen zu kämpfen und so suchte ich mir eine Osteopathin in meiner Nähe. Während der ersten Sitzung sagte Sie mir folgenden Satz: „Herr Baum, lassen sie Sie los,… Sie werden merken, wenn die Richtige da ist.“ Was hatte sie da gerade gesagt? Wie konnte jemand, der mich nicht kennt und dem ich nichts von meinem Privatleben erzählt hatte, so etwas zu mir sagen?
Als Corona begann, ging es mir noch schlechter. Ich hatte gerade einen Schicksalsschlag in der Familie zu verarbeiten, die Arbeit lief nicht zufriedenstellend und durch den Beginn der Pandemie wurden so gut wie alle meine freiberuflichen Aktivitäten auf Eis gelegt. Ohne das Ausüben meiner künstlerischen Tätigkeit, ohne die Möglichkeit durch Gespräche und Begegnungen, Podiumsdiskussionen, Auftragsarbeiten und Workshops zu Inklusion weiter zu geben, fehlten mir sinnstiftende Elemente in meinem Leben. Ich war träge, antriebslos, kam nur schwer aus dem Bett, ernährte mich noch schlechter als sonst und hatte das Gefühl nur noch ein Schatten meiner selbst zu sein. Das war mehr als eine depressive Phase, das war wohl eine Depression. So diagnostizierte es jedenfalls eine gute Freundin von mir, die selbst Erfahrungen mit eben dieser gemacht hatte. Das Darübersprechen half ungemein und so, angereichert mit neuer Energie, hangelte ich mich Woche für Woche zurück. Zurück zu einer zufriedeneren Version meiner Selbst, die sich wieder auf Dinge und an Dingen (er)freuen konnte. Zu meiner Genesung trug auch der allwöchentliche Spieleabend mit der Gang bei.
An einem dieser Abende begab es sich, dass mein Handy vibrierte, die App der Kennenlernen-Seite schien was zu wollen. „Hat mich da wirklich gerade jemand angeschrieben?“ Ich antwortete auf ihre Nachricht und einen Tag später hatten wir unser erstes Videotelefonat. Der Mensch, den ich dort sah, war „Die Richtige“, die, von der meine Osteopathin gesprochen hatte und ich kann nun mit voller Freude schreiben, dass wir ein Paar sind. Und das haben wir Corona zu verdanken.
Aufgrund einer beruflichen Schieflage seit Ausbruch der Pandemie, hatte sich meine Freundin dazu entschlossen, Freunde in Österreich zu besuchen. Auf Anraten ihrer besten Freundin dort, reaktivierte sie ihr Profil bei besagter Kennenlernen-Seite und swipte den ganzen Abend nach links. Als sie mein Bild sah (siehe Steckbrief), überlegte sie nicht lang, sondern schrieb mich an.
Jetzt ist da jemand der mich so nimmt wie ich bin:
Mit all meinen heftigen Macken, Ecken und Kanten bereit, jede Hürde mit einem Lächeln zu packen
auch wenn das Leben sich gerne zeigt, mit all seinen hässlichen Fratzen.
Ich war verloren in mir Selbst, dann kamst du aus dem Nichts – so wie ein Geschenk
Du bist ein großartiger Mensch und ich bin froh, dass ich dich kenn’
Hätte man mir diese Geschichte vor 2 Monaten erzählt hätt’ ich gesagt:
“Watt, wo gibt`s sowas, quatsch nich son Tobak!“
und nun beende ich diese Zeilen mit den Worten: “Danke Corona!“
2 Antworten
Lieber Fidi! Was für ne starke Geschichte. Das freut mich sehr. Auf ein baldiges Wiedersehen und herzliche Grüße aus Kappeln an der Schlei! Christina
Lieber Fidi,
also, ich hätte auch sofort geschrieben, wenn ich dein Foto gesehen hätte.
Naja, hab ich ja auch. Hier halt. 🙂
Liebe Grüße aus Berlin
Tanja