Die Coronakrise forciert nun auch in Deutschland die Digitalisierung, was sich auf den unterschiedlichsten Ebenen bemerkbar macht. Sie bietet behinderten Menschen, unter anderem mit Mobilitätseinschränkungen wie mich, eine große Chance: Die Möglichkeit des Home Office ist für mich persönlich sehr vorteilhaft. Nicht nur die Zeitersparnis durch Wegfall des langen Anfahrtsweges, sondern auch die größere Flexibilität in der Gestaltung meiner Arbeitszeit kommen mir zugute: Dadurch, dass ich auf einen Fahrdienst angewiesen bin, sind gleichzeitig auch im Vorfeld feste Abholzeiten ausgemacht. Jetzt im Home Office kann ich wichtige Aufgaben noch zu Ende bringen, wenn dies erforderlich ist, ohne unter Zeitdruck zu geraten. Das soll aber nicht heißen, dass sich das Home Office für jeden behinderten Menschen als Zugewinn darstellt. Hier gilt es selbstverständlich zu differenzieren und jeden Menschen mit seinen Wünschen im Einzelnen zu betrachten. Neben der Arbeitssituation bieten sich vor allem auch im kulturellen Bereich neue Teilhabemöglichkeiten für mobilitätseingeschränkte Menschen. Erst kürzlich habe ich zum Beispiel das erweiterte Online-Angebot des Deutschen Museums in München gesehen und mich sehr gefreut, dass nun auch eine Online-Führung durch das Bergwerk angeboten wird. Diese Abteilung konnte ich leider aufgrund meines Rollstuhls nie besuchen, doch nun ist es mir möglich, mich auch hierüber zu informieren. Daneben seien noch diverse andere Online-Angebote von Theatern und Konzert-Anbietern erwähnt, die nun ohne großen Aufwand und Planung zu Hause genossen werden können.
Bei all den positiven Aspekten der Digitalisierung, die man sicherlich noch breiter ausführen könnte, möchte ich die momentane Situation nicht unkritisch im Raum stehen lassen, sondern auch hier differenzierter betrachten: Der behinderte Mensch war und ist nach wie vor kaum im öffentlichen Raum vertreten und damit der gesellschaftlichen Wahrnehmung entzogen. Wer nicht wahrgenommen wird, kann aber nur schwer berücksichtigt werden. Die Digitalisierung kann also auch die Gefahr bergen, genau diesen Zustand des Nichtsichtbarseins und Nichtwahrgenommenwerdens zu zementieren, indem sich gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Akteure ihren Verpflichtungen, Teilhabestrukturen für uns zu schaffen, entbunden fühlen könnten. Dies darf auf keinen Fall passieren!
Neben anderen Herausforderungen, die mit der Digitalisierung einhergehen, beispielsweise einen sicheren Datentransfer herzustellen und den wachsenden Energieverbrauch nachhaltig zu gestalten, dürfen Digitalisierungsangebote also nicht als endgültige Lösung für Teilhabe verstanden werden. Es sind und bleiben Angebote, die Chancen bieten, die genutzt und ausgebaut werden sollten, die aber nicht den Umbau exkludierender Strukturen und Systeme obsolet machen dürfen. Denn der behinderte Mensch gehört in die Mitte der Gesellschaft!
Eine Antwort
Gott sei Dank bin ich bereits Rentner, bin schwer behindert, rechts total gelähmt, durch Hirnblutung auf der Autobahn bei 180 km/h. Hab’s überlebt, trotzdem kenne ich nichts, kenne Raul auch schon seit Jahren treffe alle Entscheidungen selbst Lasse mir nichts vormachen. Selbst meine Erfindung der totalen Unbrennbarkeit ist mein Eigentum