Was tun, wenn die Welt brennt und Hoffnung manchmal schwerfällt? Beccs Riley ist Gründer*in von Minzgespinst, systemische Berater*in und Politfluencer*in. Beccs spricht über prägende Bücher, praktische Solidarität und darüber, warum 3,5 % der Bevölkerung genug sind, um echte Veränderung anzustoßen.
1. Was beschäftigt dich gerade?
Die Frage nach Hoffnung und Hoffnungslosigkeit. Überall müssten Dinge getan werden. Überall brennt die Welt. Jetzt noch Hoffnung zu haben, fällt mir manchmal schwer – aber gleichzeitig ist Aufgeben auch keine Lösung. Denn es geht ja nicht nur darum, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, sondern auch, ganz reale Gefahren zu bekämpfen. Deshalb denke ich viel darüber nach, wie wir wirksam werden können. Weil es überall ganz viel zu tun gibt und das auch nicht aufhört. Ein bisschen hilfreich finde ich die 3.5%-Lösung: Wenn mindestens 3.5% einer Bevölkerung sich einer Bewegung anschließen, dann gab es noch keine Bewegung, deren Ziele gescheitert sind. Wir brauchen also nur 3.5% – das scheint mir machbarer als „alles auf einmal zu ändern“.
2. Was hast du von deiner Community, von Freund*innen oder deinem Aktivismus gelernt?
Weiterzumachen. Und das praktische Solidarität bedeutet, dass wir uns aufeinander verlassen können. Uns ausgleichen, wenn eine Person nicht mehr kann. Aktivismus kann schnell einsam machen: Alles muss sofort erledigt werden, alles ist dringend. Gelernt habe ich, dass es auch Pausen braucht und wir uns gegenseitig unterstützen müssen – ganz praktisch, im ganz Kleinen.
3. Welche Projekte oder Aktionen sind dir wichtig?
Uff. Das ist eine schwierige Frage, weil ich nicht in EINEM Projekt oder EINER Aktion arbeite. Deshalb würde ich sagen: Die Verzahnung von ganz vielen Projekten und Aktionen. Sodass alle Menschen etwas beisteuern können. Häufig werden Aktionen als Demos oder Veranstaltungen gedacht, aber ich glaube, wir brauchen auch viel mehr Community-Care. Wir brauchen ein ganz praktisches Miteinander, das nicht zu einer weiteren To-Do-Liste wird. Nicht konsumorientiert, nicht aktionsorientiert, sondern ergänzend dazu.

Beccs Riley
Beccs Riley ist Gründer*in von Minzgespinst n.e.V. und berät zu Inklusion, Konfliktmanagement und Geschlechtergerechtigkeit.
In nims Selbstständigkeit als Beccs Riley verbindet es Sensitivity Reading mit barrierefreiem WebDesign - für Zugänglichkeit und Information.
Als autistische, nichtbinäre trans Person bringt Beccs nicht nur fachliche Expertise mit, sondern auch die Perspektive dessen, was es bedeutet, in nicht für einen gemachten Strukturen zu navigieren. Beccs arbeitet daran, dass mehr Menschen ein gutes Leben führen können - durch systemische Veränderung, nicht durch Anpassung an dysfunktionale Systeme. Foto: Privat
4. Auf welchen Moment bist du stolz?
Als ich genügend Menschen gefunden habe, die Minzgespinst als n.e.V. mit mir nochmal gründen wollten. Weil das ein Gefühl von praktischer Solidarität war.
5. Gibt es ein Buch, einen Podcast, einen Film oder etwas anderes, das dich in deinem Aktivismus geprägt hat?
Viele. Eher Bücher. Von Rita Mae Brown über Marx bis hin zu Rosa Luxemburg, Sharon Dodua Otoo und Silvia Federici. Alle Bücher, die irgendwie zeigen, wie „Weitermachen“ eigentlich geht – und was in der Vergangenheit geholfen hat.
6. Welcher Satz steht auf deinem Demo-Plakat?
Die beste Rache ist ein gutes Leben.
7. Was gibt dir derzeit Hoffnung?
Es gibt immer noch Menschen, die weitermachen. Und wir sind schon weiter gekommen als vor fünfzig Jahren – also sollten wir auch heute weitermachen. Ich mag es, in die Vergangenheit zu schauen, um eine Bedienungsanleitung für mich heute ableiten zu können.
8. An wen gibst du den Staffelstab weiter und warum?
An Bêri, weil ich mit Bêri eh Banden bilden mag. Und weil wir mehr kurdische Stimmen brauchen.
Meine Frage an diese Person: Bist du gut im (aktivistischen) Streiten?