Nachdem die Bafög-Sätze erhöht wurden, hat der Bundestag kürzlich auch das Gesetz zur Anpassung der Berufsausbildungsbeihilfe und des Ausbildungsgeldes beschlossen. (K)Ein Grund zum feiern!?
Informationen in Einfacher Sprache
- Der Bundestag hat das Geld für Ausbildungen erhöht.
- Menschen in einer Unterstützten Beschäftigung bekommen genauso viel Geld wie andere Auszubildende.
- Menschen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich einer Werkstatt bekommen auch mehr Geld.
- In den nächsten Jahren bekommen sie 39 Euro mehr pro Monat. Jedes Jahr ein paar Euro mehr. Doch das ist immer noch sehr wenig. Das ist keine Anerkennung für ihre Arbeit.
- Die Werkstätten sagen: Sie können die Bezahlung nicht auf einmal steigern. Deshalb dauert das fünf Jahre. Die Parteien CDU/CSU finden das gut. Die Werkstätten können freiwillig mehr zahlen.
- Wir fragen: Warum protestiert niemand dagegen? Dafür brauchen Menschen mit Behinderungen Unterstützung. Das muss Aufgabe der Gewerkschaften werden.
Das Gesetz besagt: Der Satz für Teilnehmende an einer Unterstützten Beschäftigung wird auf den bei einer Berufsausbildung erhöht. Das ist gut. Die Unterstützte Beschäftigung dauert zwei Jahre. In dieser Zeit lernen Menschen mit Behinderung direkt im Betrieb das, was sie für eine spätere Anstellung ohne Ausbildung brauchen.
Für Teilnehmer*innen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich – also den Auszubildenden in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen – erhöht sich das Ausbildungsgeld in den nächsten fünf Jahren um 48,75 %. Ein Prozentsatz von dem große Gewerkschaften nur träumen können. Doch bei genauerer Betrachtung zerplatzt dieser Traum ganz schnell. Denn in Zahlen heißt das, dass Menschen in Behinderten-Werkstätten im Laufe der nächsten fünf Jahre statt der bisher 80 Euro 119 Euro monatlich erhalten. Da kann man doch richtig große Sprünge machen, oder? Mit Wertschätzung und Anerkennung der Arbeit, die Menschen in den Werkstätten täglich ausführen, hat das nichts zu tun.
Doch es kommt noch härter. Laut der BAG WfbM hätte eine sofortige Erhöhung auf 119 Euro “einige Werkstätten vor große finanzielle Herausforderungen gestellt”. Deshalb haben die Fraktionen der CDU/CSU und der SPD einen Änderungsantrag mit einer Übergangsregelung geschaffen. Diese Übergangsregelung sieht vor, dass die Beschäftigten jedes Jahr mindestens ein paar Euro mehr Geld pro Monat bekommen, bis der Betrag von 119 Euro innerhalb von fünf Jahren erreicht wird. Man beachte dabei das unscheinbare Wort „mindestens“. Das heißt, dass die Werkstätten auch einen höheren Grundbetrag bezahlen können. Müssen sie aber nicht.
Doch wo bleibt der Aufschrei, die Demo oder gar der Streik gegen diese Ungerechtigkeit, dass Menschen mit Behinderungen immer noch so schlecht bezahlt werden? Um sich politisch zu engagieren, brauchen Menschen mit Behinderungen Unterstützung. Sie müssen Zugang zu Informationen bekommen und die Möglichkeiten bekommen, sich zu organisieren. Sie brauchen Assistenz für die Kommunikation und um von A nach B zu kommen. Diese Unterstützung zu bekommen, ist in einem institutionellen System schwierig. Denn wer stellt schon gern Ressourcen zur Verfügung, um sein eigenes System zu kritisieren? Große, eigenständige Gewerkschaften haben sich diesem Thema bislang leider kaum angenommen. Also Verdi, IG Metall und Co. – Inklusion ist auch eure Aufgabe!
Dieser Artikel ist zuerst bei JOBinklusive erschienen.