Tanzen bereitet mir große Freude. Endlich haben die Diskotheken und Clubs wieder geöffnet, doch für mich bleibt trotzdem nicht selten der Zutritt verwehrt. So auch an einem Samstagabend vor ein paar Monaten.
Unsere vollständig geimpfte Gruppe, bestehend aus zwei Kommilitoninnen, drei mexikanischen Austauschstudenten und mir, stand vor einem Club an. Ich freute mich, zum ersten Mal seit Ewigkeiten wieder tanzen zu gehen. Die Schlange vor dem Club raubte uns 40 Minuten kostbare Lebenszeit, aber das nahmen meine Freund*innen und ich gerne in Kauf. Der Türsteher ließ sämtliche Gruppen vor uns den Ort der gelösten Stimmung betreten. Uns nicht. Zu den beiden Frauen in unserer Gruppe meinte er: „Ihr beide wärt reingekommen. Aber nicht mit denen da!” Dabei deutete er auf unsere mexikanischen Freunde. Mit einem Blick auf mich ergänzte er: „Mit dem erst recht nicht!” „Was soll das heißen? Es liegt an der Hautfarbe der Jungs und an meiner Behinderung, gibtˋs zu!”, brauste ich auf.
Der Türsteher hielt es wohl für unter seiner Würde, mir direkt zu antworten. Er wandte sich erneut an meine Kommilitoninnen: „Ich lasse mich von ihm nicht in diese Schublade stecken! Und außerdem: Meine Frau ist Sozialpädagogin, die arbeitet mit solchen Leuten.” Er sagte wirklich ´solchen Leuten´.
Ich hätte ihm zurufen sollen: „Deine Frau sollte lieber mal mit dir arbeiten, ich sehe da reichlich Luft nach oben! Aber hey, deine diskriminierende Art ist abscheulich, hat aber folgenden Nebeneffekt: Ich bin Künstler und Kolumnist, und arbeite mit dem Verhalten von solchen Leuten! Ich steck dich in überhaupt keine Schublade, das machst du problemlos selbst. Herzlichen Glückwunsch, du hast gewonnen: Du spielst auch mal die Hauptrolle. Und zwar in einem Text über Diskriminierung!”
Stattdessen fragte ich nur geschockt: „Aber, warum lässt du uns nicht rein?” Er antwortete, erneut an den weiblichen Teil unserer Gruppe gewandt: „Ich hab Augen im Kopf.”
Endlich löste ich mich aus meiner Starre und zischte zynisch: „Ja, und diese Augen sehen die Welt offenbar durch eine ganz seltsame Brille!”
Zum ersten Mal adressierte unser Gegenüber seine Antwort direkt an mich: „Weißt du was? Du darfst rein! Sogar gratis! Aber allein, die anderen bleiben draußen!” Es war klar, dass er mich damit provozieren wollte. Ich grinste und flötete: „Super, ich stehe auf deiner Gästeliste, und die fünf stehen auf meiner Gästeliste! Problem gelöst!” Allein für den darauffolgenden Moment, als dem Türsteher die Gesichtszüge entglitten, lohnte sich die Auseinandersetzung. Als er jedoch drohend forderte „Verpisst euch jetzt!”, traten wir frustriert den Rückzug und den Rückweg an.
Nun hoffe ich, dass nachdem die Clubs wieder geöffnet sind, meinen Freund*innen und mir Einlass gewährt wird, sodass das Tanzen mir bald wieder Freude bereitet.
3 Antworten
Hallo Kai,
warum wird der Club nicht mit Namen genannt.
Wie sollen Veränderungen erreicht werden, wenn man sich nicht dazu öffentlich äußern kann?
Hallo Kai,
das sehe ich auch so, einfach raus damit, schreib mal welcher Club das war, es ist ja keine Lüge oder eben den Besitzer kontaktieren, ob er das wirklich will, oder ob er nicht lieber seinen Türsteher nicht mehr reinläßt.
Meine Cousine wurde auch mal gebeten ein Restaurant nach ihrem Getränk schnell wieder zu verlassen, sie ist Rollstuhlfahrerin. Da war aber klar welcher Laden das war, das hat sich schnell herumgesprochen, sowas Menschenverachtendes.
HG Oliver
Sehe ich genauso. Der Name des Clubs muss veröffentlicht werden! Rechtlich wäre das überhaupt kein Problem, wenn das deine Sorge ist.